Mit einem Online-Vernetzungstreffen Ende April 2024 hat das Netzwerk für Kommunalismus die Debatte über einen „kommunalistischen Pol“ im deutschsprachigen Raum begonnen.
Teilgenommen haben 28 Leute aus unterschiedlichen Städten und Regionen, von Berlin über Leipzig, bis Zürich, Thüringen und das Sauerland. Inhaltlich vertreten waren Ansätze wie revolutionäre Stadtteilarbeit, Bürger*innenräte, Kiezversammlungen, Gesundheitsversorgung, Klimagerechtigkeit, Journalismus, Commons und klimagerechte Transformation; Wohnprojekte und politische Kommunen, Jugendgewerkschaft und Migrantifa waren dabei.
Das primäre Ziel dieses Treffens war es, Interessierte zu finden, Mitstreiter*innen für den weiteren Weg, und an Organisationskraft zu gewinnen. Es ging uns zunächst darum, sich kennenzulernen und sich über den möglichen Nutzen einer kommunalistischen Vernetzung zu verständigen.
Ein gemeinsamer „Äther“ – und eine begriffspolitische Intervention
Unser Vorschlag lautet: zwischen bestehenden Initiativen, Projekte und Gruppen eine minimale Verbindung zu stiften, eine Art Äther oder gemeinsame Atmosphäre, in der alle möglichen konkreten Verknüpfungen wachsen und alles Mögliche gedeihen kann. Hierzu schlagen wir – im Sinne auch einer begriffspolitischen Intervention – das Konzept des „Kommunalismus“ vor, verstanden nicht als Doktrin oder verbindliche Vokabel, sondern als „ein relativ einfaches und offenes Konzept“, in dem sich viele bestehende Initiativen, Gruppen, Projekte und Organisationen ohne weiteres wiederfinden können oder können sollten.
Das konkrete Anliegen des Netzwerks als „Metaprojekt“ ist es zugleich, kommunalistische Politiken zusammenzufassen und in der öffentlichen Wahrnehmung derart als einen distinkten „Pol“ zu etablieren, als einen dritten Pol neben autoritären und reformistischen Politiken, der virtuell bereits existiert, und der vielleicht nicht viel mehr braucht als einen Namen, um als ein solcher Pol zu entstehen.
„Wir werden uns immer mehr brauchen“
In der Vorstellungsrunde und der sich anschließenden Diskussion wurde immer wieder klar: dass es in Anbetracht der aktuellen Polykrise und ihrer sich zuspitzenden autoritären Bearbeitung einer organisatorischen, die bisherigen Ansätze und Projekte bündelnden Anstrengung bedarf, „weil wir uns immer mehr brauchen werden“, wie eine Teilnehmerin aus Kiel es sagte.
Der Aufruf des Netzwerks hat verfangen, weil er das überall schon existierende Gefühl und Wissen um diese Notwendigkeit aufgegriffen und seinen Vorschlag darauf basiert hat. Diesen Vorschlag haben wir sonst nirgendwo in dieser Form formuliert gesehen, auch wenn es einige Anstrengungen gibt, die der unsrigen recht nahe stehen und mit denen wir uns zukünftig noch enger verbinden wollen.
Ein Raum für Diskussionen
Das Netzwerk hat zwei distinkte Funktionen und kann auf zwei Weisen angesehen werden: Als die Verbindung schon bestehender situierter Praktiken und Projekte bedeutet es eine Steigerung ihrer jeweiligen Organisationskraft: geteilte Ressourcen, neue Kontakte, strategische Kooperationen, gemeinsame Projekte usw.
Als Metaprojekt, das sich aus der Verbindung einer wachsenden Anzahl seiner Mitglieder, aus der Zusammenlegung von Kräften, Fähigkeiten und Ressourcen speist, verfolgt es außerdem das allgemeine Anliegen besagter „Polbildung“, woraus sich ein Gesamtvorteil für die einzelnen Projekte ergibt. Es organisiert sich in Monatstreffen, in denen es seine Anliegen kontinuierlich betreibt.
Wie können wir den Kommunalismus stärken? Welche Initiativen in welchen gesellschaftlichen Bereichen sind dazu nötig? Welche kollektiven Kräfte können aus der Verbindung schon bestehender Initiativen entstehen? Das „Netzwerk für Kommunalismus im deutschsprachigen Raum“ ist ein Ort für diese und ähnliche Fragen.
Wir sagen dies alles nicht ins Blaue hinein. Wir schlagen nicht nur etwas vor, sondern wir haben mit dieser Sache begonnen und rufen dazu auf, sich ihr anzuschließen.
-jr
Möchtest du an einem der monatlichen Online-Treffen des Netzwerks für Kommunalismus teilnehmen? Schreib eine E-Mail an: info[at]kommunalismus.org
Einführungstext: „Was verstehen wir unter Kommunalismus?„