Zeichnung eines schwarzen Vogels auf rotem Grund

Eine direkte und konföderalistische Demokratie

Die Union Communiste Libertaire (UCL) spricht sich in ihrem Manifest für eine auf Kommunen aufbauende Konföderation aus. Dabei betont sie die Wichtigkeit von Volksversammlungen als grundlegendste demokratische Einheit.

Der Unterschied zwischen dem parlamentarischen Staat und der selbstverwalteten Föderation1 ist radikal: Umkehrung der Macht; Mandatierung der Verantwortlichen für die Koordination und laufende Geschäfte, aber eine Weigerung, die Macht über grosse Entscheidungen zu delegieren, folglich direkte Demokratie.

Diese direkte Demokratie beruht auf drei Punkten:

  • Föderation der Territorien
  • Volksversammlungen (assemblées populaires)
  • imperatives Mandat (in Verbindung mit den Selbstverwaltungsstrukturen in den Betrieben)

Die Föderation der Territorien
bedeutet, dass die Gesellschaft ausgehend von Kommunen strukturiert ist, sodann der Regionen, weil es die Orte sind, die am direktesten von der Bevölkerung kontrolliert werden können.

Die föderierten Regionen müssen nicht zwingend den alten Verwaltungsregionen entsprechen. Das Wesentliche ist, dass sie eine Autonomie in der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion erlangen, um ein Maximum an Austausch in kleinen Kreisläufen zu ermöglichen.

Der libertäre Kommunismus besitzt die Vision einer universellen Föderation der Regionen, jenseits von Sprachgrenzen. Diese Föderation gibt sich gemeinsame Regeln, um den Schutz jedes Individuums und jeder Gemeinschaft sicherzustellen. Der Föderalismus ermöglicht es, die zwei Klippen des bürokratischen Zentralismus einerseits und der Atomisierung der Gesellschaft andererseits zu umschiffen. Das bedeutet ein Gleichgewicht zwischen der Initiative und Autonomie der föderierten Einheiten und gegenseitiger Solidarität; die Zusammenlegung von Mitteln und interregional strukturierte öffentliche Dienste; eine Interdependenz ohne Hierarchie, in der kollektive Entscheidungen über kommunale Fragen von allen zusammen getroffen und umgesetzt werden.

Der Föderalismus impliziert eine offene Konzeption der Gesellschaft als Ort, wo das Gleichgewicht zwischen dem allgemeinen Interesse und dem partikulären Interesse gesucht werden kann, ohne jemals das eine auf das andere zu reduzieren.

Die Volksversammlungen (assemblées populaires)
sind die demokratische Referenzeinheit. Damit ist nicht ein ewiges Plenumii gemeint, in dem alle gezwungen sind, ihr Leben in einer Sitzung zu verbringen, um jedes Detail des Stadtlebens zu kontrollieren. Da sich in einem bestimmten Zeitraum nur ein Bruchteil der Bevölkerung versammeln kann, sollen die Verswammlungen eine Arena sein, in der die grossen projekte diskutiert werden; eine demokratische Etappe, bevor eine formellen Bevölkerungsbefragung auf der jeweiligen Ebene zwischen unterschiedlichen Marschrichtungen entscheidet.

Ebenfalls sind diese Volksversammlungen der Ort, wo die Delegierten mandatiert und gegebenenfalls zurückgerufen werden, aus denen sich die Räte der Kommunen, der Regionen und der Föderation zusammensetzen.

Die direkte Demokratie impliziert die Meinungs- und Organisationsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit. Organisierte Strömungen können ihre Ansichten vertreten und in die Debatte einbringen, aber die Delegierten werden kollektiv beauftragt. Sobald sie ernannt sind, müssen sie die kollektiven Entscheidungen umsetzen, nicht diejenigen ihrer Strömung.

Das imperative Mandat
bedeutet, dass die Delegierten in den Räten der Kommunen, der Regionen oder der Föderation nicht auf der Grundlage eines Programms und von Versprechen mit einem delegierten Mandat gewählt werden. Sondern sie werden auf der Grundlage ihrer Integrität und ihrer Fähigkeiten ausgewählt, um die Inkraftsetzung von kollektiven Entscheidungen zu koordinieren, im Rahmen eines imperativen und zurückrufbaren Mandats, bei dem sich der Inhalt nicht ändert, die Form sich jedoch je nach Argumenten verändern kann.

Die selbstverwaltete, föderalistische Demokratie stellt eine radikal neue Form der kollektiven Macht dar, im Bruch mit der Unterteilung in Regierende und Regierte, mit der Unterscheidung Staat-Gesellschaft und mit jeglichen Klassensystemen. Da alle an dieser kollektiven Macht teilhaben, findet die Regierung in den Werkstätten und in den Kommunen statt: Es ist die Selbstregierung der Gesellschaft, die der Selbstverwaltung in der Produktion entspricht.

Übersetzung: NfK (Originaltext: https://www.unioncommunistelibertaire.org/?-Manifeste-union-communiste-libertaire- , es handelt sich um eine Übersetzung des Unterkapitels Une démocratie directe et fédéraliste im Kapitel 18 Pour un communisme libertaire )


1 Anm. d. Übers.: Dieser Text verwendet die Begriffe föderalistisch, Föderation, Föderalismus; gemeint ist damit nicht ein Staatenbund wie die USA oder die Schweizerische Eidgenossenschaft, sondern ein nichtstaatlicher Verbund der Territorien. Oft werden für diese zweite Bedeutung eher die Begriffe konföderalistisch, Konföderation, Konföderalismus verwendet (wie z. B. im Paradigma des Demokratischen Konföderalismus). Um möglichst nah am Originaltext zu bleiben, haben wir uns dazu entschlossen, „föderalistisch“ beizubehalten (Französisch: fédéraliste). Aus dem Kontext ist klar, was damit gemeint ist.

2 Wörtliche Übersetzung: „einen beständigen Versammlungs-ismus“ (un assembléisme perpétuel).


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