Kommuniqué der Organisation „L’Offensive“ vom 11. Juni 2024, übersetzt aus dem Französisischen.
Macrons leichtsinnige Auflösung (des französischen Parlaments, Anm. d. Übers.) bringt die Faschist*innen an die Schwelle zur Macht. Die antisoziale Politik der Rechten und der unaufhörliche Verrat der „Regierungslinken“ sind die Hauptverantwortlichen für diese Situation.
Dem Faschismus einen Riegel vorzuschieben, bedeutet vor allem, einen emanzipatorischen Horizont zu entwerfen, ein ehrgeiziges Gesellschaftsprojekt zu bilden, das unseren Planeten bewohnbar hält, Ungleichheiten beseitigt und es den Menschen ermöglicht, für sich selbst und durch sich selbst zu entscheiden.
Es besteht eine absolute Dringlichkeit, die Faschist*innen daran zu hindern, an die Macht zu kommen. Kein Projekt des sozialen Fortschritts kann sich entwickeln, wenn Reaktionäre, Rassist*innen, Sexist*innen, Homo- und Transphobe an der Macht sind und diejenigen zerschlagen, die sich ihnen widersetzen könnten.
Um der Linken zum Sieg zu verhelfen, befürworten wir daher die Schaffung einer breiten Volksfront (front populaire) aus fortschrittlichen politischen Organisationen, Vereinen und Gewerkschaften.
Diese äusserste Notmassnahme wird jedoch auf lange Sicht nicht ausreichen. Sie ist lediglich ein Pflaster und wird die Machtübernahme der Faschisten bloss hinauszögern, wenn in der Folge nicht eine grosse revolutionäre Bewegung entsteht, die sich auf ein innovatives Programm stützt und in der Lage ist, neue Hoffnung zu wecken.
Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns nach den Parlamentswahlen in allen Städten und Dörfern organisieren, um eine breite Einheitsfront aufzubauen, die ein Programm für radikale Veränderungen teilt:
- Direkte Demokratie
Einrichtung von Volksversammlungen (Assemblées Populaires), die allen Einwohner*innen in jeder Gemeinde, jedem Stadtviertel, jedem Dorf und jedem Weiler offen stehen und in denen Entscheidungen ohne Delegation von Macht nach dem Prinzip „1 Person = 1 Stimme“ getroffen werden. - Konföderation
Die Gemeinden koordinieren sich in einem konföderalen System, in dem jede Ebene (lokal, regional, national, kontinental…) abwählbare Mandatsträger*innen auf die nächsthöhere Ebene entsendet, die die Stimme des Kollektivs vertreten. - Soziale Ökologie
Da die Ressourcen des Planeten begrenzt sind, müssen die Produktionsmittel demokratisch verwaltet werden, d. h. die Bewohner*innen entscheiden mit Rücksicht auf die von den Naturgesetzen auferlegten Schranken und auf das Zusammenleben mit anderen Tieren und Pflanzen direkt darüber, wie diese Ressourcen verteilt werden sollen, damit sie der größtmöglichen Zahl von Menschen zugute kommen. Dies muss mit einer Verringerung der Produktion und einer drastischen Verbesserung ihrer Qualität einhergehen. - Gerechte Verteilung des Wohlstands und der Arbeitszeit
Dass wir immer mehr arbeiten, um mehr zu produzieren, und dadurch die Umwelt noch mehr verschmutzen, ist inakzeptabel und führt uns direkt in die Katastrophe. Die Arbeitszeit muss reduziert und der Wohlstand gerecht verteilt werden. Die krankhafte kapitalistische Anhäufung muss gestoppt werden, und das Einkommen derjenigen, die die härtesten oder nützlichsten Arbeiten verrichten, darf nicht mehr als das Zehnfache des Einkommens der anderen Einwohner*innen betragen. - Feminismus, Antirassismus und Dekolonisierung
Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, der Herkunft oder der Religion sollen abgeschafft werden. Um dies zu erreichen, sollen alle Mandate mit mindestens 50% Frauen besetzt werden und die Vielfalt der vertretenen Bevölkerung berücksichtigt werden.
Dieses Gesellschaftsmodell (das von dem Philosophen Murray Bookchin theoretisiert wurde) mag utopisch erscheinen. Dennoch funktioniert es bereits seit über 10 Jahren in Rojava (Nordsyrien), seit dessen Befreiung von Daesh durch kurdische Kräfte und ihre progressiven Verbündeten; und seit 1994 in etwas anderer Form in Chiapas in Mexiko. Etwas länger her, funktionierte es auch schon in Frankreich während der Pariser Kommune.
Natürlich wird es nicht leicht sein, ein solches Projekt umzusetzen, Faschist*innen und Kapitalist*innen werden sich ihm so sehr widersetzen, wie sie nur können. Dennoch ist der sofortige Aufbau eines neuen Ideals, das der politischen, sozialen und ökologischen Krise, die uns mit voller Wucht trifft, gewachsen ist, von größter Bedeutung, um das Schlimmste zu verhindern.
Unabhängig vom Ergebnis der Parlamentswahlen rufen wir alle, die von Lippenbekenntnissen wegkommen und konkret gegen den Faschismus kämpfen wollen, dazu auf, sich massiv den Organisationen der sozialen Bewegung anzuschließen, mit allen notwendigen Mitteln gegen den Faschismus und den Kapitalismus zu kämpfen und libertäre munizipalistische Listen für die Kommunalwahlen 2026 vorzubereiten. Wenn sie gewählt werden, werden diese Listen diese Volksversammlungen (Assemblées Populaires) einrichten, die dieses Programm unverzüglich umsetzen werden.
Es gibt keine Alternative, gehen wir in die Offensive!
L’Offensive
Originaltext: https://offensive.eco/contre-le-fascisme-communalisme/
Zur Theorie des libertären Munizipalismus (an Kommunalwahlen teilnehmen, um im Fall eines Wahlsiegs Volksversammlungen einzuführen): Janet Biehl: The Politics of Social Ecology. Libertarian Municipalism. https://theanarchistlibrary.org/library/janet-biehl-the-politics-of-social-ecology
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